Sechs Personen suchen einen Autor
Drama
von
Luigi Pirandello
ID# | BOX0119 |
Verlag |
S. FISCHER Verlag GmbH / FISCHER Kinder- und Jugendbuch Verlag GmbH
D-60596 Frankfurt am Main, Hedderichstraße 114 |
Akte | 3 |
Dekorationen | 2 |
Männer | 10 |
Frauen | 3 |
Kinder | 2 |
Personen | 15 |
mehrere Statistenrollen
Vorwort
Fischer 1964
Ü Georg Richert
Eine kleine, sehr flinke Magd dient seit vielen Jahren - und doch, als ob es seit gestern wäre - meiner Kunst, und sie ist immer neu und immer geschickt.
Sie heißt Phantasie.
Sie ist etwas hochmütig und spöttisch; wenn sie Lust verspürt, sich schwarz zu kleiden, kann niemand leugnen, daß sie dabei oft bizarr erscheint, und es soll ja niemand glauben, daß sie immer alles im Ernst tut und nur auf eine Weise. Sie steckt eine Hand in die Tasche und holt eine Schellenkappe heraus, rot wie ein Hahnenkamm, stülpt sie sich auf den Kopf und läuft davon. Heute hierher, morgen dorthin. Und es macht ihr Spaß, mir Leute ins Haus zu schleppen, die mich zu Novellen und Romanen und Komödien anregen sollen, die unzufriedensten Leute von der Welt, Männer, Frauen, Kinder, verwickelt in seltsame Verhängnisse, aus denen sie sich nicht mehr herausfinden; ihre Pläne sind gescheitert, ihre Hoffnungen betrogen. Und mit denen zu verkehren, ist oft wirklich eine große Plage.
Nun wohl, diese meine kleine Dienerin Phantasie hatte vor einigen Jahren den bösen Einfall, die üble Laune, mir eine ganze Familie ins Haus zu schleppen, ich wüßte nicht einmal zu sagen, wo und wie sie die aufgefischt hat, aber nach ihrer Meinung hätte ich aus der den Stoff für einen herrlichen Roman herausholen können.
Vor mir stand ein Mann um die Fünfzig, in schwarzer Jacke und heUen Hosen, mit finsterer Miene und unfreundlichem, geducktem Blick; eine arme Witwe in Trauerkleidung, die an der einen Hand ein kleines Mädchen von vier und an der anderen Hand einen Jungen
von wenig mehr als zehn Jahren führte; ein freches und verwegenes junges Mädchen, auch schwarz gekleidet, aber in zweideutiger und schaml~ser Aufmachung, voller bissiger Verachtung gegen diesen gedrückten Alten und gegen einen jungen Mann von ungefähr zwanzig Jahren, der sich verschlossen abseits hielt, als ob sie ihn aUe anwiderten. Kurz und gut, es waren diese sechs Personen, die man jetzt am Anfang des Stücks auf der Bühne erscheinen sieht. Sie beginnen, mir ihre traurigen Schicksale zu erzählen, bald der eine, bald der andere, aber oft drängte auch einer den anderen beiseite. Jeder einzelne schrie mir seine eigene Auffassung entgegen, schleuderte mir seine wirren Leidenschaften ins Gesicht, ungefähr so, wie sie es nun in dem Stück mit dem unglücklichen Direktor machen.
Welcher Autor kann jemals sagen, wie und warum eine Gestalt in seiner Phantasie entstanden ist? Das Geheimnis der künstlerischen Schöpfung ist das gleiche wie das der natürlichen Geburt. Eine Frau, die liebt, kann wünschen, Mutter zu werden. Aber der Wunsch, so glühend er auch sei, kann nicht genügen. Eines Tages fühlt sie, daß sie Mutter wird, ohne eine genaue Erinnerung, seit wann es so ist. Genauso nimmt auch ein Künstler viele lebendige Keime in sich auf und kann niemals sagen, wie und warum in einem bestimmten Augenblick sich einer dieser Keime in seiner Phantasie festsetzt, um ein lebendiges Geschöpf zu werden, auf einer höheren Ebene des Lebens als der des unbeständigen täglichen Daseins.
Ich kann nur sagen, diese sechs Personen, die man jetzt auf der Bühne sieht, standen, ohne daß ich sie etwa gesucht hätte, vor mir so lebendig, daß ich sie berühren, daß ich sogar ihren Atem hören konnte. Und sie warteten förmlich darauf, jeder einzelne mit seinem geheimen Kummer und alle vereinigt durch den Ursprung und die Verworrenheit des gemeinsamen Erlebens, daß ich sie in die Welt der Kunst eintreten ließe, um aus ihren Gestalten, ihren Leiden und Schicksalen einen Roman, ein Drama oder wenigstens eine Novelle zu machen.
Lebendig geboren, wollten sie leben.
Nun muß man wissen, daß ich mich niemals damit begnügt habe, die Gestalt eines Mannes oder einer Frau, so besonders und charakteristisch sie auch sein mochte, darzustellen aus bloßem Gefallen an dieser Darstellung, ein besonderes, heiteres oder trauriges Ereignis zu erzählen aus bloßem Gefallen an der Erzählung, eine Landschaft zu beschreiben aus bloßem Gefallen an der Beschreibung.
Es gibt gewisse Schriftsteller (und nicht wenige), die daran Vergnügen finden, sich damit zufriedengeben und nichts anderes suchen. Diese Schriftsteller sind eigentlich mehr Historiker.
Aber es gibt auch andere, die darüber hinaus, jenseits dieser Neigung, ein tieferes geistiges Bedürfnis empfinden, für die sich Gestalten, Ereignisse, Landschaften verbieten, wenn sie nicht durchdrungen sind von einem besonderen Sinn des Lebens und daher keinen allgemeingültigen Wert gewinnen. Das sind die von Natur aus mehr philosophischen Schriftsteller.
Ich habe das Unglück, zu diesen letzteren zu gehören.
Ich hasse die symbolische Kunst, bei der die Darstellung jede spontane "Bewegung verliert und maschinell, allegorisch wird. Das ist ein Mißverständnis und ein vergebliches Bemühen, weil die bloße
Tatsache, einer Darstellung allegorischen Sinn zu geben, deutlich werden läßt, daß man schon das für eine Fabel hält, was in sich selbst keinerlei Wahrheit hat, weder eine phantastische noch eine wirkliche, sondern als Beweis für irgendeine moralische Wahrheit verfertigt ist. Jenes geistige Bedürfnis, von dem ich spreche, läßt sich nur manchmal, und zwar mit der Absicht höherer Ironie, wie zum Beispiel bei Ariost, durch einen solchen allegorischen Symbolismus befriedigen. Dieser geht von einem Gedanken aus, ist vielmehr ein Gedanke, der zum Bild wird oder zu werden versucht. Jenes Bedürfnis hingegen sucht in dem Bild, das lebendig und frei in seinem ganzen Ausdruck bleiben muß, einen Sinn, der ihm Wert gibt. Nun, so sehr ich auch suchte, es gelang mir nicht, diesen Sinn in den sechs Personen zu entdecken. Und ich glaubte, daß es sich nicht lohne, sie lebendig zu machen.
Ich überlegte und sagte mir: »lch habe meine Leser schon so sehr mit Hunderten von Novellen gepeinigt, warum sollte ich sie auch noch mit der Erzählung der traurigen Schicksale dieser sechs Unglücklichen heimsuchen?«
Und indem ich das dachte, entfernte ich sie von mir, oder vielmehr, ich stellte alles mögliche an, um sie zu entfernen.
Aber man gibt einer Gestalt nicht ungestraft Leben.
Als Geschöpfe meines Geistes lebten diese sechs bereits ihr eigenes Leben und nicht mehr das meine, ein Leben, das ihnen zu verweigern ich nicht mehr die Macht hatte.
Sicher ist jedenfalls, daß sie, während ich sie noch aus meinem Geiste verjagen wollte, bereits völlig losgelöst, ohne sich auf irgendeine Fabel zu stützen, auf eigene Faust weiterlebten, den Gestalten eines Romanes gleich, die wie ein Wunder aus den Seiten des Buches herausgetreten waren. Sie überraschten mich in bestimmten Augenblicken meines Tages, erschienen vor mir in der Einsamkeit meines Arbeitszimmers, kamen, bald der eine, bald der andere, auch zwei zusammen, um mich in Versuchung zu führen, mir diese oder jene Szene, die ich darstellen und beschreiben sollte, vorzuschlagen, mir die Effekte zu zeigen, die man herausholen könnte, das neue Interesse, das eine bestimmte, ungewöhnliche Situation erwecken könnte, und so weiter.
Ich ließ mich für einen Augenblick erweichen. Und jedesmal genügte mein vorübergehendes Nachgeben, um Vorteil für ihr eigenes Leben herauszuschlagen. Sie traten immer deutlicher in Erscheinung und wirkten daher um so überzeugender auf mich. Und so wurde es mir immer schwerer, mich von ihnen zu befreien, und ihnen immer leichter, mich in Versuchung zu führen. Schließlich war ich wirklich wie besessen. Dann plötzlich wurde mir klar, wie ich von ihnen loskommen könnte.
Warum - sagte ich mir - schildere ich eigentlich nicht diesen ganz neuen Fall eines Autors, der sich weigert, einige seiner Gestalten, die in seiner Phantasie geboren waren, leben zu lassen? Und warum nicht diese Personen, die, da ihnen nunmehr Leben eingeflößt ist, sich nicht damit abfinden, von der Welt der Kunst ausgeschlossen zu bleiben? Sie haben sich bereits von mir gelöst; sie leben auf eigene Faust; sie haben Stimme und Bewegung gewonnen. Sie sind also schon selbständig geworden, in diesem Kampf, den sie mit mir um ihr Leben als dramatische Gestalten haben führen müssen, als Gestalten, die sich allein bewegen und reden können. Sie betrachten sich bereits selbst als solche und haben gelernt, sich vor mir zu schützen. Sie werden sich auch gegen die anderen zu verteidigen wissen. Lassen wir sie also dahin gehen, wohin Bühnenfiguren zu gehen pflegen, wenn sie lebendig werden wollen: auf eine Bühne. Und wir werden sehen, was dabei herauskommt.
So habe ich's gemacht. Und es ist natürlich geworden, wie es werden mußte: ein. Gemisch von Tragischem und Komischem, von Phantastischem und Realistischem, in einer wirklich neuen humoristischen und in höchstem Grade verwickelten Situation. Ein Drama, das durch seine atmenden, sprechenden, sich selbst bewegenden Gestalten, die es tragen und in sich selbst erleiden, um jeden Preis die Möglichkeit finden will, aufgeführt zu werden. Ein Stück über den vergeblichen Versuch dieser improvisierten szenischen Verwirklichung. Zunächst die Überraschung dieser armen Schauspieler einer Truppe, die am Tage gerade Probe auf einer leeren Bühne, ohne Kulissen und Dekorationen, haben; Überraschung und Ungläubigkeit, als sie vor sich diese sechs Personen auftauchen sehen, die erklären, sie seien auf der Suche nach einem Autor. Und dann, gleich darauf, bei der plötzlichen Ohnmacht der schwarzverschleierten Mutter, das instinktive Interesse der Schauspieler an dem Drama, das sie bei ihr und den anderen Mitgliedern jener merkwürdigen Familie erahnen, einem düsteren, unheimlichen Drama, das so unerwartet auf die leere, unvorbereitete Bühne hereinbricht. Dann das allmählich wachsende Interesse am Aufflammen der widerstreitenden Leidenschaften, bald beim Vater, bald bei der
Stieftochter, dann beim Sohn und schließlich bei jener armen Mutter. Leidenschaften, die mit einer tragischen, zerstörerischen Wut aufeinanderprallen.
Und da ist auch der zunächst vermißte höhere Sinn in diesen sechs Personen. Jetzt, nachdem sie von sich aus auf die Bühne gegangen sind, finden sie ihn in der Erregung des verzweifelten Kampfes, den jeder gegen jeden führt und alle gegen den Direktor und die Schauspieler, von denen sie nicht verstanden werden.
Ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, drückt jeder von ihnen in höchster Erregung, um sich gegen die Anschuldigungen des anderen zu verteidigen, als sein tiefes Leid und seinen Kummer das aus, was so viele Jahre die Not meines Geistes gewesen ist: die Unmöglichkeit, sich gegenseitig zu verstehen, die unabänderlich auf der leeren Begriffsbestimmung der Worte beruht; die Vieldeutigkeit der Persönlichkeit, entsprechend allen Möglichkeiten des Seins, die sich in jedem einzelnen von uns finden; und schließlich noch der tragische, immanente Konflikt zwischen dem Leben, das sich unaufhörlich bewegt und verwandelt, und der Form, die es unwandelbar festhält.
Vor allem zwei dieser sechs Personen, der Vater und die Stieftochter, sprechen von diesem grässlichen, unwiderruflichen Festgelegtsein ihrer Form, in der beide für immer. unveränderbar das Wesentliche ihres Seins ausgedrückt sehen. Für den einen bedeutet es Strafe, nur die andere Rache. Und sie verteidigen sie gegen das
affektierte Getue, die unbewußte Oberflächlichkeit der Schauspieler
und versuchen sie dem Direktor aufzudrängen, der sie ändern und den so genannten Bedürfnissen des Theaters anpassen möchte.
Nicht alle sechs Personen sind auf der gleichen Ebene gestaltet, aber nicht, weil es unter ihnen Figuren ersten und zweiten Grades, das heißt Haupt- und Nebenpersonen gibt - diese elementare Einteilung ist ja für den Aufbau jedes Dramas und jeder Erzählung notwendig - oder weil etwa einige nicht ihrem Zweck entsprechend vollständig ausgeführt wären. Alle sechs befinden sich in dem gleichen Zustand der künstlerischen Verwirklichung und alle sechs ?
auf der gleichen Ebene der Realität, und das ist das Phantastische des Stückes. Aber der Vater, die Stieftochter und auch der Sohn sind als Geist verstanden, die Mutter als Natur. Der Junge, der nur zuschaut und schließlich eine Geste auszuführen hat, und das kleine, völlig untätige Mädchen sind bloß »Anwesende«. Diese Tatsache schafft zwischen ihnen eine ganz neue Perspektive. Ich hatte unbewußt den Eindruck, daß ich einige künstlerisch stärker ausgeführt erscheinen lassen müßte, andere weniger, andere nur flüchtig skizziert als Element eines Geschehens, das erzählt oder aufgeführt wird: Die Lebendigsten, die am vollständigsten Durchgeführten, der Vater und die Stieftochter, treten natürlich mehr nach vorn und führen. Sie schleppen das beinahe tote Gewicht der anderen mit sich. Den einen, den Sohn, der sich sperrt, dann die Mutter, wie ein resignierendes Opfer, zwische~ diesen zwei kleinen Kreaturen, die kaum vorhanden sind, nur in ihrer Erscheinung, und die an die Hand genommen werden müssen.
Und wirklich! Jeder einzelne mußte in dem Stadium der Erschaffung erscheinen, das er in der Phantasie des Autors erreicht hatte, als dieser sie alle fortjagen wollte.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, daß ich diese Notwendigkeit intuitiverfaßt und unbewußt den Weg der Lösung in einer neuen Perspektive gefunden und auf welche Art ich das erreicht habe, dann erscheint mir das wie ein Wunder. Tatsache ist, daß das Stück wirklich in einer spontanen ErleuchtUng der Phantasie konzipiert wurde, als alle Elemente des Geistes in einem göttlichen Einklang, wie durch ein Wunder, übereinstimmten und tätig waren. Keinem kühl berechnenden menschlichen Gehirn, und wenn es sich noch so sehr bemüht hätte, wäre es je gelungen, alles zu erkennen und zu erreichen, was die Form des Stückes erforderte.
Deshalb dürfen die Gründe, die ich anführe, um seine Bedeutung zu erklären, nicht als vorgefaßte Absichten verstanden werden, mit denen ich an das Werk heranging und die ich jetzt verteidigen wollte, sondern nur als Entdeckungen, die ich selbst später, bei ruhiger Überlegung, habe machen können.
Ich habe sechs Personen, die einen Autor suchen, darstellen wollen. Es gelingt nicht, das Drama aufzuführen, eben weil der Autor fehlt,
den sie suchen. Und statt dessen wird das Drama ihres vergeblichen Versuchs aufgeführt, mit allem, was es an Tragischem enthält, weil diese sechs Personen abgewiesen worden sind.
Aber kann man eine Person darstellen, wenn man sie abweist? Um sie darzustellen, muß man sie doch klar in der Phantasie aufnehmen und so zum Ausdruck bringen. Und so habe ich diese sechs Personen wirklich aufgenommen und dargestellt. Ich habe sie als Abo gewiesene aufgenommen und verwirklicht: auf der Suche nach einem anderen Autor.
Man muß nun verstehen, was ich bei ihnen abgewiesen habe; offensichtlich nicht sie selbst, sondern ihr Drama, das sie ohne Zweifel am meisten interessiert. Aber mich interessierte das aus den bereits genannten Gründen durchaus nicht.
Und was ist für eine Bühnengestalt das eigene Drama?
Jedes Scheinbild, jedes Geschöpf der Kunst muß sein Drama haben,
um zu existieren, das heißt, ein Drama, dessen handelnde Person es ist und durch das es zur handelnden Person wird. Durch das Drama wird es erst zur Bühnengestalt. Es ist seine lebendige Funktion: notwendig, um zu existieren.
Ich habe also von diesen sechs das Sein aufgenommen und das Recht zu sein abgelehnt. Ich habe den Organismus genommen und ihm anstatt seiner eigenen Funktion eine andere, kompliziertere gegeben, in der jene eigene kaum noch wirklich enthalten war. Eine schreckliche und verzweifelte Situation besonders für die beiden - den Vater und die Stieftochter -, denen mehr als den anderen daran liegt, zu leben, und die mehr als die anderen das Bewußtsein haben, Bühnengestalten zu sein, das heißt also, daß sie absolut ein Drama brauchen, und zwar das eigene, weil es das einzige ist, was sie sich vorstellen können und was sie nun abgelehnt sehen; eine »unmögliche« Situation, aus der sie um jeden Preis herauskommen müssen, da es sich für sie um Leben oder Tod handelt. Wohl habe ich ihnen als Seinsgrund, als Funktion, eine andere Situation gegeben, eben jene »unmögliche«, das Drama: »Auf der Suche nach einem Autor sein und abgelehnt werden«. Aber daß diese Situation ein Grund ihres Seins, die notwendige und ausreichende Funktion sei, um zu existieren, für sie, die bereits ein eigenes Leben führten, das können sie nicht ahnen. Wenn es ihnen irgend jemand sagen würde, sie könnten es nicht glauben, weil es nicht möglich ist, zu glauben, daß der einzige Grund unseres Lebens die Qual sei, die uns ungerecht und unerklärlich erscheint.
Ich kann mir daher nicht vorstellen, warum mir der Vorwurf gemacht wurde, daß die Person des Vaters nicht so sei, wie sie hätte sein müssen, weil sie manchmal aus ihrer Eigenschaft und Stellung als einbrechende Person herausträte und zum Autor würde. Ich, der ich auch Leute verstehe, die mich nicht verstehen, begreife, daß der Vorwurf daher kommt, daß jene Person eine geistige Bedrängnis als ihre eigene zum Ausdruck bringt, die als meine eigene erkannt wird. Das ist ganz natürlich und bedeutet absolut nichts. Jene erlittene und erlebte geistige Not in der Person des Vaters leitet sich von Ursachen und Gründen her, die nichts mit dem Drama meiner persönlichen Erfahrung zu tun haben. Die immanente Qual meines Geistes, eine Qual, die ich legitim in eine Person projizieren kann, ist eines. Die Aktivität meines Geistes, die sich in der Verwirklichung dieser Arbeit entfaltet, der es gelingt, das Drama dieser sechs Personen auf der Suche nach dem Autor zu schaffen, ist ein anderes. Das allein zeigt die Haltlosigkeit der Kritik. Wenn der Vater an dieser Aktivität teilhätte, wenn er das Drama, jene Personen ohne- Autor, mitschaffen würde, dann, ja - und nur dann -, wäre es gerechtfertigt, zu sagen, daß er manchmal der Autor selbst sei und daß er deshalb nicht der ist, der er sein müßte. Aber der Vater, diese »Person, die den Autor sucht«, erleidet das Drama und ist nicht schöpferisch tätig, erleidet es wie ein unerklärbares Verhängnis und wie eine Situation, gegen die er mit allen Kräften rebelliert und die er in Ordnung bringen will. Er ist also genau die »Person, die den Autor sucht« und nichts weiter, auch wenn er die :-.Jot meines Geistes als seine eigene zum Ausdruck bringt. Wenn er an der Tätigkeit des Autors teilnähme, wäre dieses Verhängnis völlig geklärt. Er würde sich, und sei es auch als abgewiesene Person, für immer in die phantastische Welt eines Dichters aufgenommen sehen, und er hätte keinen Grund mehr, zu leiden und verzweifelt zu sein, wenn er den nicht findet, der sein Leben als Bühnenfigur bestätigt und gestaltet. Ich will damit sagen, daß er sehr gern den Lebenszweck, den ihm der Autor gibt, akzeptieren würde, und ohne Bedauern würde er auf seinen eigenen verzichten. Er würde jenen Direktor mit seinen Schauspielern an die Luft setzen, zu denen er, als ob es seine einzige Rettung sei, statt dessen noch hingelaufen ist.
Für eine Person, die Mutter, ist es wirklich bedeutungslos, ob sie lebendig ist, wenn man Leben haben als Zweck an sich betrachtet. Sie hat nicht den geringsten Zweifel, daß sie nicht lebendig ist, noch ist ihr je in den Sinn gekommen, sich zu fragen, wie und warum, auf welche Art sie es ist. Ihr ist auch nicht bewußt, daß sie eine Bühnengestalt ist. Daher ist sie niemals, auch nicht für einen Augenblick, von ihrer »Rolle« getrennt. Sie weiß nicht, daß sie eine »Rolle« hat.
Das ist bei ihr völlig organi1>ch. Tatsächlich verträgt ihre Rolle als Mutter, in ihrer »Natürlichkeit«, für sich selbst, keine geistige Bewegung. Und sie lebt auch nicht als Geist: sie lebt in einer Fortdauer des Gefühls, von dem sie nicht loskommt, und darum kann sie nicht die Bewußtheit ihres Lebens gewinnen, ihres Seins als Bühnengestalt. Aber nichtsdestoweniger sucht auch sie, auf ihre Weise und für ihre Zwecke, einen Autor. In einem bestimmten Augenblick scheint sie zufrieden zu sein, daß sie zum Direktor gebracht worden ist. Vielleicht weil auch sie hofft, durch ihn lebendig zu werden? Nein, weil sie hofft, daß der Direktor sie eine Szene mit
dem Sohn spielen läßt, in die sie so viel von ihrem eigenen Leben hineinlegen würde. Aber es ist eine Szene, die nicht existiert, die
niemals hat stattfinden können und die auch nicht stattfinden könnte. So völlig ist sie sich ihres Daseins als Bühnenfigur unbewußt, das heißt des Lebens, das sie, genau festgelegt und in jedem Augenblick, in jeder Geste und in jedem Wort bestimmt, erhalten kann.
Sie kommt mit den anderen Personen auf die Bühne, ohne jedoch zu verstehen, was die anderen mit ihr vorhaben. Offenbar denkt sie, daß die Begierde, lebendig zu sein, von der ihr Mann und die Tochter besessen sind und weswegen ja auch sie auf einer Bühne steht, nichts anderes sei als eine der üblichen unverständlichen Überspanntheiten jenes gepeinigten Mannes und Peinigers und - entsetzlich, entsetzlich - ein neuer, gemeiner Einfall ihrer armen, auf Abwege geratenen Tochter. Sie ist völlig passiv. Die Ereignisse ihres Lebens und die Bedeutung, die diese in ihren Augen angenommen haben, selbst ihr Charakter, das sind alles Dinge, von denen die anderen reden. Sie widerspricht nur ein einziges Mal, weil der mütterliche Instinkt erwacht und revoltiert, um klarzustellen, daß sie weder den Sohn noch den Mann im Stich lassen will; denn ihr sei ja der Sohn fortgenommen worden und ihr Mann hätte sie gezwungen, wegzugehen. Sie stellt nur Tatsachen richtig: sonst weiß sie und versteht sie nichts.
Sie ist eben Natur. Eine Natur, die in der Gestalt der Mutter festgelegt ist.
Diese Gestalt hat mir eine Befriedigung ganz neuer Art gegeben, die nicht verschwiegen werden darf. Fast alle meine Kritiker haben, anstatt sie, wie üblich, für »unmenschlich« zu erklären - was der eigentümliche und unkorrigierbare Charakter aller meiner Geschöpfe zu sein scheint -, die Güte gehabt, »mit wahrem Wohl
gefallen« zu bemerken, daß aus meiner Phantasie endlich einmal eine sehr menschliche Gestalt hervorgegangen sei. Das Lob erkläre icb mir auf folgende Weise: da meine arme Mutter völlig an ihr natürliches Verhalten als Mutter gefesselt ist ohne die Möglichkeit freier, geistiger Bewegung, das heißt, beinahe wie ein Klumpen Fleisch, in vollendeter Weise lebendig in allen seinen Funktionen, wie gebären, säugen, Kinder pflegen und lieben, und daher nicht das geringste Bedürfnis hat, das Gehirn in Tätigkeit zu setzen, verwirklicht sie den wahren und perfekten »menschlichen Typ«. Sicher ist es so, denn nichts scheint in einem menschlichen Organismus überflüssiger zJl sein als der Geist.
Aber die Kritik hat sich mit ihrem Lob nur die Mutter vom Halse schaffen wollen, ohne sich darum zu kümmern, in den Kern der poetischen Bedeutung einzudringen, die die Gestalt in dem Stück hat. Eine sehr menschliche Gestalt, ja, denn sie ist ohne Geist, das heißt, ihr ist nicht bewußt, was sie ist, oder sie kümmert sich nicht darum. Aber die Tatsache, nicht zu wissen, daß sie eine Bühnengestalt ist, befreit sie nicht davon, eine zu sein. Das ist ihr Drama in meinem Stück. Und sein lebendigster Ausdruck ist jener Aufschrei, als der Direktor sie darauf aufmerksam macht, daß ja alles schon längst vorbei sei und daher nicht mehr Anlaß zu neuen Tränen geben könne: - »Nein, es geschieht jetzt, es geschieht immer. Meine Verzweiflung ist nicht gespielt, Herr Direktor! Ich bin lebendig und gegenwärtig, immer, in jedem Augenblick meines Elends, das sich unaufhörlich erneuert und immer da ist.« Das fühlt sie unbewußt und daher wie etwas Unerklärbares: Aber sie empfindet es mit so großem Entsetzen, daß ihr nicht einmal der Gedanke kommt, sie könne es sich selbst oder den anderen erklären. Sie empfindet so. Basta. Sie fühlt es schmerzlich, und dieser Schmerz schreit unmittelbar. So spiegelt sich auch in ihr das Gefesseltsein ihres Lebens an eine Form, das, auf andere Weise, dem Vater und der Stieftochter Qualen bereitet. Diese - Geist; sie Natur: Der Geist revoltiert oder versucht, so gut er kann, daraus zu profitieren. Die Natur, wenn sie nicht von den Sinnen gereizt ist, weint.
Der immanente Konflikt zwischen der lebendigen Bewegung und der Form ist nicht nur die unerläßliche Voraussetzung der geistigen Ordnung, sondern auch der natürlichen. Das Leben, das sich, um zu sein, in unserer körperlichen Form festgelegt hat, tötet allmählich seine Form. Die Tränen dieser fixierten Natur sind das unwiderrufliche, unaufhörliche Altern unseres Körpers. Das Weinen der Mutter ist genau so passiv und ewig. Gezeigt durch drei Gesichter, verdeutlicht in drei verschiedenen und gleichzeitigen Dramen, findet so dieser immanente Konflikt in dem Stück seinen vollendeten Ausdruck. Und noch mehr. Die Mutter erklärt auch in jenem Ausbruch gegenüber dem Direktor die besondere Bedeutung der künstlerischen Form: es ist eine Form, die ihr Leben nicht versteht und nicht tötet und die vom Leben nicht verbraucht wird. Wenn der Vater. und die Stieftochter hunderttausend mal hintereinander ihre Szene wiederanfangen würden, immer an der gleichen Stelle, in dem Augenblick, in dem das Leben des Kunstwerks in diesem Schrei ausgedrückt werden muß, immer wieder würde er ertönen: unverändert und unveränderbar in seiner Form, aber nicht wie eine mechanische Wiederholung, nicht wie eine un
umgängliche Wiederkehr aus äußerer Notwendigkeit, sondern jedesmal lebendig wie neu, unerwartet so entstanden, für immer lebendig einbalsamiert in seiner unverweslichen Form. So wie wir stets beim Aufschlagen des Buches Francesca lebendig finden werden, wenn sie Dante ihr Vergehen beichtet. Und wenn wir hunderttausendmal nacheinander ihre Worte wiederholen, niemals mechanisch, sie wird sie jedesmal zum ersten Male sagen, mit so lebendiger und unerwarteter Leidenschaftlichkeit, daß Dante jedesmal davon wie betäubt sein wird. Alles, was lebt, hat Form, weil es lebt, und eben deshalb muß es sterben; mit Ausnahme des Kunstwerks, das immer lebendig bleibt, sofern es Form ist.
Die Geburt eines Geschöpfes der menschlichen Phantasie - Geburt als Schritt über die Schwelle zwischen dem Nichts und der Ewigkeit - kann sich auch plötzlich ereignen, wenn eine Notwendigkeit sie erzwingt. Braucht man in einem Drama, das man entwirft, eine Person, die etwas Bestimmtes, Notwendiges tun oder sagen soll: schon ist sie geboren, und es ist genau die, die es sein sollte. So entsteht Madame Pace bei den sechs Personen, und es erscheint wie ein Wunder, vielmehr wie ein Trick auf der realistisch dargestellten Bühne. Aber es ist kein Trick. Die Geburt ist wirklich, die neue Gestalt ist lebendig, nicht weil sie schon lebendig war, sondern weil sie glücklich entstanden ist, genau so wie es ihrer Natur als Person entspricht - »zwangsweise«. Es ist also ein Bruch entstanden, ein plötzlicher Wechsel der Wirklichkeitsebene der Szene, weil eine Gestalt auf diese Weise nur in der Phantasie des Dichters ent
stehen kann, sicher nicht auf den Brettern einer Bühne. Ohne daßes jemand bemerkt hat, habe ich plötzlich die Szene gewechselt: ich habe sie in diesem Augenblick wieder in meine Phantasie aufgenommen, doch nicht den Zuschauern heimlich weggenommen. Ich habe ihnen auf der Bühne meine Phantasie im Augenblick des Schaffens vorgeführt, mit Hilfe der Bühne selbst. Der plötzliche und
unkontrollierbare Wechsel einer Erscheinung von einer Ebene der Wirklichkeit auf eine andere zählt zu den Wundern der Art, wie sie ein Heiliger zustande bringt, der seine Statue sich bewegen läßt, so daß sie in diesem Augenblick sicher nicht mehr aus Holz oder aus Stein ist. Aber es ist kein willkürliches Wunder. Diese Bühne existiert nicht durch sich selbst wie etwas Festes und Unveränderliches, schon weil sie die phantastische Wirklichkeit der sechs Personen aufnimmt, so wie nichts Absichtliches und Vorgefaßtes in diesem Stück existiert: alles wird gemacht, alles bewegt sich, alles ist improvisierter Versuch. Auch die Wirklichkeitsebene des Ortes, in der sich dieses formlose Leben, das sich nach seiner Form sehnt, ändert und wieder verändert, verschiebt sich dadurch organisch. Als ich den Einfall hatte, Madame Pace im Augenblick auf jener Bühne entstehen .zu lassen, fühlte ich, daß ich es tun konnte, und ich tat es. Wenn mir aufgefallen wäre, daß diese Geburt mir alles durcheinandergebracht . und die Wirklichkeitsebene der Szene plötzlich stillschweigend und von mir fast unbemerkt verschoben hätte, dann hätte ich, erschrocken über die scheinbare Unlogik, sicher darauf verzichtet. Und ich hätte der Schönheit des Werkes böse geschadet. Davor hat mich das fieberhafte Arbeiten meines Geistes bewahrt, denn entgegen einem trügerischen, logischen Anschein wird diese phantastische Geburt durch eine wirkliche Notwendigkeit in geheimnisvoüe organische Beziehung zu dem ganzen Leben des Werkes gesetzt.
Wenn mir nun jemand sagt, das Werk verliere an Bedeutung, weil sein Ausdruck nicht ausgeglichen, sondern chaotisch, weil es überromantisch sei, dann kann ich nur lächeln.
Ich verstehe, warum man diesen Einwand gegen mich erhoben hat. Weil in meinem Stück die Darstellung des Dramas, in das die sechs Personen verwickelt sind, chaotisch erscheint und nie geordnet weitergeht: es gibt keine logische Entwicklung, es gibt keinen Zusammenhang der Geschehnisse. Das stimmt genau. Ich hätte »das Drama, in das die sechs Personen verwickelt sind« gar nicht verwirrter, überspannter, willkürlicher und komplizierter, das heißt also romantischer darstellen können, auch wenn ich's gewollt hätte. Das ist sehr wahr, aber ich habe nicht jenes Drama gezeigt, sondern ein anderes - und ich brauche nicht zu wiederholen, welches I -, in dem, unter anderen schönen Dingen, die jeder nach seinem Ge
schmack dort finden kann, gerade eine diskrete Satire auf die romantischen Vorgänge enthalten ist. In diesen meinen Personen, die so eifrig dabei sind, sich gegenseitig zu übertrumpfen, in den Rollen, die jeder von ihnen in einem bestimmten Drama hat, stelle ich sie als Figuren eines anderen Stückes vor, was sie nicht wissen und nicht vermuten, so daß ihre leidenschaftliche Erregung, gerade bei den romantischen Szenen, als humoristischer Akzent ins Leere gesetzt ist. Und das Drama der Personen, nicht so dargestellt, wie es sich in meiner Phantasie gestaltet hätte, wenn es dort angenommen worden wäre, sondern so, als abgelehntes Drama, konnte in meinem Werk nur als »Situation« bestehen, in irgendeinem Entwicklungsstadium, und es konnte nur durch Andeutungen herauskommen,
ungezügelt und regellos, in heftigen Verkürzungen, chaotisch:
unaufhörlich unterbrochen, ausschweifend, voller Widersprüche und sogar von einer seiner Personen negiert, von zwei anderen nicht einmal erlebt.
Es ist tatsächlich eine Person unter ihnen (nämlich diejenige, die das Drama negiert, das sie zur Person macht, der Snhn), die fast gar nicht als Gestalt erscheint und die ihre Bedeutung und ihren Wert als Gestalt nicht aus dem »Stück, das gemacht werden soll« erhält, sondern aus.dem, was ich daraus gemacht habe. Er ist sogar der einzige, der nur als »Person, die den Autor sucht« lebt, aber der Autor, den er sucht, ist kein dramatischer Autor. Auch das konnte nicht anders sein. Das Verhalten der Person ist in meiner Konzeption ebenso organisch, wie es logisch ist, daß sie in der Situation größere Konfusion und Verwirrung anrichtet und einen weiteren Grund für romantische Gegensätze liefert.
Aber gerade dieses organische und natürliche Chaos mußte ich darstellen. Und ein Chaos darstellen bedeutet wirklich nicht, chaotisch darstellen, also romantisch. Und daß meine Darstellung alles andere als konfus ist, sondern im Gegenteil sehr verständlich, einfach und geordnet, das beweist die Tatsache, daß in den Augen des Publikums der ganzen Welt die Handlung, die Charaktere, die phantastischen und wirklichen, dramatischen und komischen Stellen völlig klar sind und daß für den, der schärfer blickt, die außergewöhnlichen Werte, die darin enthalten sind. ans Licht treten.
Groß ist die Verwirrung der Sprachen bei den ~ [enschen, wenn derartige Kritik noch Worte findet, um sich auszudrücken. Die Verwirrung ist ebenso groß, wie das innere Gesetz der Ordnung vollkommen ist, das ich in allem befolgt habe und das mein Werk klassisch und typisch macht und jedes Wort bei seinem tragischen Ende verbietet. Wenn dann vor allen, denen es nun bewußt ist, daß man sich durch List kein Leben verschafft, und daß das Drama der Sechs Personen, dem der Autor fehlt, der ihm den Geist einhaucht, nicht aufgeführt werden kann, weil der Direktor drängt und vulgär neugierig ist zu erfahren, wie sich alles zugetragen hat - wenn dann vom Sohn dieses Geschehen in die Erinnerung zurückgerufen wird, in der sachlichen Aufeinanderfolge seiner Momente, ohne irgendein Gefühl und daher auch ohne daß es dazu der menschlichen Stimme bedarf - dann bricht alles zusammen, brutal, zwecklos, mit dem Knall einer mechanischen Waffe auf der Bühne, und zerstört und vernichtet den fruchtlosen Versuch der Personen und der Schauspieler, der offensichtlich nicht vom Dichter unterstützt wird.
Dr Dichter war inzwischcen, als ob er während der ganzen zeit ihrem Versuch von weitem zugeschaut hätte, ohne ihr Wissen damit beschäftigt, daraus sein werk zu schaffen.
Luigi Pirandello
Vorwort
Fischer 1964
Ü Georg Richert
Eine kleine, sehr flinke Magd dient seit vielen Jahren - und doch, als ob es seit gestern wäre - meiner Kunst, und sie ist immer neu und immer geschickt.
Sie heißt Phantasie.
Sie ist etwas hochmütig und spöttisch; wenn sie Lust verspürt, sich schwarz zu kleiden, kann niemand leugnen, daß sie dabei oft bizarr erscheint, und es soll ja niemand glauben, daß sie immer alles im Ernst tut und nur auf eine Weise. Sie steckt eine Hand in die Tasche und holt eine Schellenkappe heraus, rot wie ein Hahnenkamm, stülpt sie sich auf den Kopf und läuft davon. Heute hierher, morgen dorthin. Und es macht ihr Spaß, mir Leute ins Haus zu schleppen, die mich zu Novellen und Romanen und Komödien anregen sollen, die unzufriedensten Leute von der Welt, Männer, Frauen, Kinder, verwickelt in seltsame Verhängnisse, aus denen sie sich nicht mehr herausfinden; ihre Pläne sind gescheitert, ihre Hoffnungen betrogen. Und mit denen zu verkehren, ist oft wirklich eine große Plage.
Nun wohl, diese meine kleine Dienerin Phantasie hatte vor einigen Jahren den bösen Einfall, die üble Laune, mir eine ganze Familie ins Haus zu schleppen, ich wüßte nicht einmal zu sagen, wo und wie sie die aufgefischt hat, aber nach ihrer Meinung hätte ich aus der den Stoff für einen herrlichen Roman herausholen können.
Vor mir stand ein Mann um die Fünfzig, in schwarzer Jacke und heUen Hosen, mit finsterer Miene und unfreundlichem, geducktem Blick; eine arme Witwe in Trauerkleidung, die an der einen Hand ein kleines Mädchen von vier und an der anderen Hand einen Jungen
von wenig mehr als zehn Jahren führte; ein freches und verwegenes junges Mädchen, auch schwarz gekleidet, aber in zweideutiger und schaml~ser Aufmachung, voller bissiger Verachtung gegen diesen gedrückten Alten und gegen einen jungen Mann von ungefähr zwanzig Jahren, der sich verschlossen abseits hielt, als ob sie ihn aUe anwiderten. Kurz und gut, es waren diese sechs Personen, die man jetzt am Anfang des Stücks auf der Bühne erscheinen sieht. Sie beginnen, mir ihre traurigen Schicksale zu erzählen, bald der eine, bald der andere, aber oft drängte auch einer den anderen beiseite. Jeder einzelne schrie mir seine eigene Auffassung entgegen, schleuderte mir seine wirren Leidenschaften ins Gesicht, ungefähr so, wie sie es nun in dem Stück mit dem unglücklichen Direktor machen.
Welcher Autor kann jemals sagen, wie und warum eine Gestalt in seiner Phantasie entstanden ist? Das Geheimnis der künstlerischen Schöpfung ist das gleiche wie das der natürlichen Geburt. Eine Frau, die liebt, kann wünschen, Mutter zu werden. Aber der Wunsch, so glühend er auch sei, kann nicht genügen. Eines Tages fühlt sie, daß sie Mutter wird, ohne eine genaue Erinnerung, seit wann es so ist. Genauso nimmt auch ein Künstler viele lebendige Keime in sich auf und kann niemals sagen, wie und warum in einem bestimmten Augenblick sich einer dieser Keime in seiner Phantasie festsetzt, um ein lebendiges Geschöpf zu werden, auf einer höheren Ebene des Lebens als der des unbeständigen täglichen Daseins.
Ich kann nur sagen, diese sechs Personen, die man jetzt auf der Bühne sieht, standen, ohne daß ich sie etwa gesucht hätte, vor mir so lebendig, daß ich sie berühren, daß ich sogar ihren Atem hören konnte. Und sie warteten förmlich darauf, jeder einzelne mit seinem geheimen Kummer und alle vereinigt durch den Ursprung und die Verworrenheit des gemeinsamen Erlebens, daß ich sie in die Welt der Kunst eintreten ließe, um aus ihren Gestalten, ihren Leiden und Schicksalen einen Roman, ein Drama oder wenigstens eine Novelle zu machen.
Lebendig geboren, wollten sie leben.
Nun muß man wissen, daß ich mich niemals damit begnügt habe, die Gestalt eines Mannes oder einer Frau, so besonders und charakteristisch sie auch sein mochte, darzustellen aus bloßem Gefallen an dieser Darstellung, ein besonderes, heiteres oder trauriges Ereignis zu erzählen aus bloßem Gefallen an der Erzählung, eine Landschaft zu beschreiben aus bloßem Gefallen an der Beschreibung.
Es gibt gewisse Schriftsteller (und nicht wenige), die daran Vergnügen finden, sich damit zufriedengeben und nichts anderes suchen. Diese Schriftsteller sind eigentlich mehr Historiker.
Aber es gibt auch andere, die darüber hinaus, jenseits dieser Neigung, ein tieferes geistiges Bedürfnis empfinden, für die sich Gestalten, Ereignisse, Landschaften verbieten, wenn sie nicht durchdrungen sind von einem besonderen Sinn des Lebens und daher keinen allgemeingültigen Wert gewinnen. Das sind die von Natur aus mehr philosophischen Schriftsteller.
Ich habe das Unglück, zu diesen letzteren zu gehören.
Ich hasse die symbolische Kunst, bei der die Darstellung jede spontane "Bewegung verliert und maschinell, allegorisch wird. Das ist ein Mißverständnis und ein vergebliches Bemühen, weil die bloße
Tatsache, einer Darstellung allegorischen Sinn zu geben, deutlich werden läßt, daß man schon das für eine Fabel hält, was in sich selbst keinerlei Wahrheit hat, weder eine phantastische noch eine wirkliche, sondern als Beweis für irgendeine moralische Wahrheit verfertigt ist. Jenes geistige Bedürfnis, von dem ich spreche, läßt sich nur manchmal, und zwar mit der Absicht höherer Ironie, wie zum Beispiel bei Ariost, durch einen solchen allegorischen Symbolismus befriedigen. Dieser geht von einem Gedanken aus, ist vielmehr ein Gedanke, der zum Bild wird oder zu werden versucht. Jenes Bedürfnis hingegen sucht in dem Bild, das lebendig und frei in seinem ganzen Ausdruck bleiben muß, einen Sinn, der ihm Wert gibt. Nun, so sehr ich auch suchte, es gelang mir nicht, diesen Sinn in den sechs Personen zu entdecken. Und ich glaubte, daß es sich nicht lohne, sie lebendig zu machen.
Ich überlegte und sagte mir: »lch habe meine Leser schon so sehr mit Hunderten von Novellen gepeinigt, warum sollte ich sie auch noch mit der Erzählung der traurigen Schicksale dieser sechs Unglücklichen heimsuchen?«
Und indem ich das dachte, entfernte ich sie von mir, oder vielmehr, ich stellte alles mögliche an, um sie zu entfernen.
Aber man gibt einer Gestalt nicht ungestraft Leben.
Als Geschöpfe meines Geistes lebten diese sechs bereits ihr eigenes Leben und nicht mehr das meine, ein Leben, das ihnen zu verweigern ich nicht mehr die Macht hatte.
Sicher ist jedenfalls, daß sie, während ich sie noch aus meinem Geiste verjagen wollte, bereits völlig losgelöst, ohne sich auf irgendeine Fabel zu stützen, auf eigene Faust weiterlebten, den Gestalten eines Romanes gleich, die wie ein Wunder aus den Seiten des Buches herausgetreten waren. Sie überraschten mich in bestimmten Augenblicken meines Tages, erschienen vor mir in der Einsamkeit meines Arbeitszimmers, kamen, bald der eine, bald der andere, auch zwei zusammen, um mich in Versuchung zu führen, mir diese oder jene Szene, die ich darstellen und beschreiben sollte, vorzuschlagen, mir die Effekte zu zeigen, die man herausholen könnte, das neue Interesse, das eine bestimmte, ungewöhnliche Situation erwecken könnte, und so weiter.
Ich ließ mich für einen Augenblick erweichen. Und jedesmal genügte mein vorübergehendes Nachgeben, um Vorteil für ihr eigenes Leben herauszuschlagen. Sie traten immer deutlicher in Erscheinung und wirkten daher um so überzeugender auf mich. Und so wurde es mir immer schwerer, mich von ihnen zu befreien, und ihnen immer leichter, mich in Versuchung zu führen. Schließlich war ich wirklich wie besessen. Dann plötzlich wurde mir klar, wie ich von ihnen loskommen könnte.
Warum - sagte ich mir - schildere ich eigentlich nicht diesen ganz neuen Fall eines Autors, der sich weigert, einige seiner Gestalten, die in seiner Phantasie geboren waren, leben zu lassen? Und warum nicht diese Personen, die, da ihnen nunmehr Leben eingeflößt ist, sich nicht damit abfinden, von der Welt der Kunst ausgeschlossen zu bleiben? Sie haben sich bereits von mir gelöst; sie leben auf eigene Faust; sie haben Stimme und Bewegung gewonnen. Sie sind also schon selbständig geworden, in diesem Kampf, den sie mit mir um ihr Leben als dramatische Gestalten haben führen müssen, als Gestalten, die sich allein bewegen und reden können. Sie betrachten sich bereits selbst als solche und haben gelernt, sich vor mir zu schützen. Sie werden sich auch gegen die anderen zu verteidigen wissen. Lassen wir sie also dahin gehen, wohin Bühnenfiguren zu gehen pflegen, wenn sie lebendig werden wollen: auf eine Bühne. Und wir werden sehen, was dabei herauskommt.
So habe ich's gemacht. Und es ist natürlich geworden, wie es werden mußte: ein. Gemisch von Tragischem und Komischem, von Phantastischem und Realistischem, in einer wirklich neuen humoristischen und in höchstem Grade verwickelten Situation. Ein Drama, das durch seine atmenden, sprechenden, sich selbst bewegenden Gestalten, die es tragen und in sich selbst erleiden, um jeden Preis die Möglichkeit finden will, aufgeführt zu werden. Ein Stück über den vergeblichen Versuch dieser improvisierten szenischen Verwirklichung. Zunächst die Überraschung dieser armen Schauspieler einer Truppe, die am Tage gerade Probe auf einer leeren Bühne, ohne Kulissen und Dekorationen, haben; Überraschung und Ungläubigkeit, als sie vor sich diese sechs Personen auftauchen sehen, die erklären, sie seien auf der Suche nach einem Autor. Und dann, gleich darauf, bei der plötzlichen Ohnmacht der schwarzverschleierten Mutter, das instinktive Interesse der Schauspieler an dem Drama, das sie bei ihr und den anderen Mitgliedern jener merkwürdigen Familie erahnen, einem düsteren, unheimlichen Drama, das so unerwartet auf die leere, unvorbereitete Bühne hereinbricht. Dann das allmählich wachsende Interesse am Aufflammen der widerstreitenden Leidenschaften, bald beim Vater, bald bei der
Stieftochter, dann beim Sohn und schließlich bei jener armen Mutter. Leidenschaften, die mit einer tragischen, zerstörerischen Wut aufeinanderprallen.
Und da ist auch der zunächst vermißte höhere Sinn in diesen sechs Personen. Jetzt, nachdem sie von sich aus auf die Bühne gegangen sind, finden sie ihn in der Erregung des verzweifelten Kampfes, den jeder gegen jeden führt und alle gegen den Direktor und die Schauspieler, von denen sie nicht verstanden werden.
Ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, drückt jeder von ihnen in höchster Erregung, um sich gegen die Anschuldigungen des anderen zu verteidigen, als sein tiefes Leid und seinen Kummer das aus, was so viele Jahre die Not meines Geistes gewesen ist: die Unmöglichkeit, sich gegenseitig zu verstehen, die unabänderlich auf der leeren Begriffsbestimmung der Worte beruht; die Vieldeutigkeit der Persönlichkeit, entsprechend allen Möglichkeiten des Seins, die sich in jedem einzelnen von uns finden; und schließlich noch der tragische, immanente Konflikt zwischen dem Leben, das sich unaufhörlich bewegt und verwandelt, und der Form, die es unwandelbar festhält.
Vor allem zwei dieser sechs Personen, der Vater und die Stieftochter, sprechen von diesem grässlichen, unwiderruflichen Festgelegtsein ihrer Form, in der beide für immer. unveränderbar das Wesentliche ihres Seins ausgedrückt sehen. Für den einen bedeutet es Strafe, nur die andere Rache. Und sie verteidigen sie gegen das
affektierte Getue, die unbewußte Oberflächlichkeit der Schauspieler
und versuchen sie dem Direktor aufzudrängen, der sie ändern und den so genannten Bedürfnissen des Theaters anpassen möchte.
Nicht alle sechs Personen sind auf der gleichen Ebene gestaltet, aber nicht, weil es unter ihnen Figuren ersten und zweiten Grades, das heißt Haupt- und Nebenpersonen gibt - diese elementare Einteilung ist ja für den Aufbau jedes Dramas und jeder Erzählung notwendig - oder weil etwa einige nicht ihrem Zweck entsprechend vollständig ausgeführt wären. Alle sechs befinden sich in dem gleichen Zustand der künstlerischen Verwirklichung und alle sechs ?
auf der gleichen Ebene der Realität, und das ist das Phantastische des Stückes. Aber der Vater, die Stieftochter und auch der Sohn sind als Geist verstanden, die Mutter als Natur. Der Junge, der nur zuschaut und schließlich eine Geste auszuführen hat, und das kleine, völlig untätige Mädchen sind bloß »Anwesende«. Diese Tatsache schafft zwischen ihnen eine ganz neue Perspektive. Ich hatte unbewußt den Eindruck, daß ich einige künstlerisch stärker ausgeführt erscheinen lassen müßte, andere weniger, andere nur flüchtig skizziert als Element eines Geschehens, das erzählt oder aufgeführt wird: Die Lebendigsten, die am vollständigsten Durchgeführten, der Vater und die Stieftochter, treten natürlich mehr nach vorn und führen. Sie schleppen das beinahe tote Gewicht der anderen mit sich. Den einen, den Sohn, der sich sperrt, dann die Mutter, wie ein resignierendes Opfer, zwische~ diesen zwei kleinen Kreaturen, die kaum vorhanden sind, nur in ihrer Erscheinung, und die an die Hand genommen werden müssen.
Und wirklich! Jeder einzelne mußte in dem Stadium der Erschaffung erscheinen, das er in der Phantasie des Autors erreicht hatte, als dieser sie alle fortjagen wollte.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, daß ich diese Notwendigkeit intuitiverfaßt und unbewußt den Weg der Lösung in einer neuen Perspektive gefunden und auf welche Art ich das erreicht habe, dann erscheint mir das wie ein Wunder. Tatsache ist, daß das Stück wirklich in einer spontanen ErleuchtUng der Phantasie konzipiert wurde, als alle Elemente des Geistes in einem göttlichen Einklang, wie durch ein Wunder, übereinstimmten und tätig waren. Keinem kühl berechnenden menschlichen Gehirn, und wenn es sich noch so sehr bemüht hätte, wäre es je gelungen, alles zu erkennen und zu erreichen, was die Form des Stückes erforderte.
Deshalb dürfen die Gründe, die ich anführe, um seine Bedeutung zu erklären, nicht als vorgefaßte Absichten verstanden werden, mit denen ich an das Werk heranging und die ich jetzt verteidigen wollte, sondern nur als Entdeckungen, die ich selbst später, bei ruhiger Überlegung, habe machen können.
Ich habe sechs Personen, die einen Autor suchen, darstellen wollen. Es gelingt nicht, das Drama aufzuführen, eben weil der Autor fehlt,
den sie suchen. Und statt dessen wird das Drama ihres vergeblichen Versuchs aufgeführt, mit allem, was es an Tragischem enthält, weil diese sechs Personen abgewiesen worden sind.
Aber kann man eine Person darstellen, wenn man sie abweist? Um sie darzustellen, muß man sie doch klar in der Phantasie aufnehmen und so zum Ausdruck bringen. Und so habe ich diese sechs Personen wirklich aufgenommen und dargestellt. Ich habe sie als Abo gewiesene aufgenommen und verwirklicht: auf der Suche nach einem anderen Autor.
Man muß nun verstehen, was ich bei ihnen abgewiesen habe; offensichtlich nicht sie selbst, sondern ihr Drama, das sie ohne Zweifel am meisten interessiert. Aber mich interessierte das aus den bereits genannten Gründen durchaus nicht.
Und was ist für eine Bühnengestalt das eigene Drama?
Jedes Scheinbild, jedes Geschöpf der Kunst muß sein Drama haben,
um zu existieren, das heißt, ein Drama, dessen handelnde Person es ist und durch das es zur handelnden Person wird. Durch das Drama wird es erst zur Bühnengestalt. Es ist seine lebendige Funktion: notwendig, um zu existieren.
Ich habe also von diesen sechs das Sein aufgenommen und das Recht zu sein abgelehnt. Ich habe den Organismus genommen und ihm anstatt seiner eigenen Funktion eine andere, kompliziertere gegeben, in der jene eigene kaum noch wirklich enthalten war. Eine schreckliche und verzweifelte Situation besonders für die beiden - den Vater und die Stieftochter -, denen mehr als den anderen daran liegt, zu leben, und die mehr als die anderen das Bewußtsein haben, Bühnengestalten zu sein, das heißt also, daß sie absolut ein Drama brauchen, und zwar das eigene, weil es das einzige ist, was sie sich vorstellen können und was sie nun abgelehnt sehen; eine »unmögliche« Situation, aus der sie um jeden Preis herauskommen müssen, da es sich für sie um Leben oder Tod handelt. Wohl habe ich ihnen als Seinsgrund, als Funktion, eine andere Situation gegeben, eben jene »unmögliche«, das Drama: »Auf der Suche nach einem Autor sein und abgelehnt werden«. Aber daß diese Situation ein Grund ihres Seins, die notwendige und ausreichende Funktion sei, um zu existieren, für sie, die bereits ein eigenes Leben führten, das können sie nicht ahnen. Wenn es ihnen irgend jemand sagen würde, sie könnten es nicht glauben, weil es nicht möglich ist, zu glauben, daß der einzige Grund unseres Lebens die Qual sei, die uns ungerecht und unerklärlich erscheint.
Ich kann mir daher nicht vorstellen, warum mir der Vorwurf gemacht wurde, daß die Person des Vaters nicht so sei, wie sie hätte sein müssen, weil sie manchmal aus ihrer Eigenschaft und Stellung als einbrechende Person herausträte und zum Autor würde. Ich, der ich auch Leute verstehe, die mich nicht verstehen, begreife, daß der Vorwurf daher kommt, daß jene Person eine geistige Bedrängnis als ihre eigene zum Ausdruck bringt, die als meine eigene erkannt wird. Das ist ganz natürlich und bedeutet absolut nichts. Jene erlittene und erlebte geistige Not in der Person des Vaters leitet sich von Ursachen und Gründen her, die nichts mit dem Drama meiner persönlichen Erfahrung zu tun haben. Die immanente Qual meines Geistes, eine Qual, die ich legitim in eine Person projizieren kann, ist eines. Die Aktivität meines Geistes, die sich in der Verwirklichung dieser Arbeit entfaltet, der es gelingt, das Drama dieser sechs Personen auf der Suche nach dem Autor zu schaffen, ist ein anderes. Das allein zeigt die Haltlosigkeit der Kritik. Wenn der Vater an dieser Aktivität teilhätte, wenn er das Drama, jene Personen ohne- Autor, mitschaffen würde, dann, ja - und nur dann -, wäre es gerechtfertigt, zu sagen, daß er manchmal der Autor selbst sei und daß er deshalb nicht der ist, der er sein müßte. Aber der Vater, diese »Person, die den Autor sucht«, erleidet das Drama und ist nicht schöpferisch tätig, erleidet es wie ein unerklärbares Verhängnis und wie eine Situation, gegen die er mit allen Kräften rebelliert und die er in Ordnung bringen will. Er ist also genau die »Person, die den Autor sucht« und nichts weiter, auch wenn er die :-.Jot meines Geistes als seine eigene zum Ausdruck bringt. Wenn er an der Tätigkeit des Autors teilnähme, wäre dieses Verhängnis völlig geklärt. Er würde sich, und sei es auch als abgewiesene Person, für immer in die phantastische Welt eines Dichters aufgenommen sehen, und er hätte keinen Grund mehr, zu leiden und verzweifelt zu sein, wenn er den nicht findet, der sein Leben als Bühnenfigur bestätigt und gestaltet. Ich will damit sagen, daß er sehr gern den Lebenszweck, den ihm der Autor gibt, akzeptieren würde, und ohne Bedauern würde er auf seinen eigenen verzichten. Er würde jenen Direktor mit seinen Schauspielern an die Luft setzen, zu denen er, als ob es seine einzige Rettung sei, statt dessen noch hingelaufen ist.
Für eine Person, die Mutter, ist es wirklich bedeutungslos, ob sie lebendig ist, wenn man Leben haben als Zweck an sich betrachtet. Sie hat nicht den geringsten Zweifel, daß sie nicht lebendig ist, noch ist ihr je in den Sinn gekommen, sich zu fragen, wie und warum, auf welche Art sie es ist. Ihr ist auch nicht bewußt, daß sie eine Bühnengestalt ist. Daher ist sie niemals, auch nicht für einen Augenblick, von ihrer »Rolle« getrennt. Sie weiß nicht, daß sie eine »Rolle« hat.
Das ist bei ihr völlig organi1>ch. Tatsächlich verträgt ihre Rolle als Mutter, in ihrer »Natürlichkeit«, für sich selbst, keine geistige Bewegung. Und sie lebt auch nicht als Geist: sie lebt in einer Fortdauer des Gefühls, von dem sie nicht loskommt, und darum kann sie nicht die Bewußtheit ihres Lebens gewinnen, ihres Seins als Bühnengestalt. Aber nichtsdestoweniger sucht auch sie, auf ihre Weise und für ihre Zwecke, einen Autor. In einem bestimmten Augenblick scheint sie zufrieden zu sein, daß sie zum Direktor gebracht worden ist. Vielleicht weil auch sie hofft, durch ihn lebendig zu werden? Nein, weil sie hofft, daß der Direktor sie eine Szene mit
dem Sohn spielen läßt, in die sie so viel von ihrem eigenen Leben hineinlegen würde. Aber es ist eine Szene, die nicht existiert, die
niemals hat stattfinden können und die auch nicht stattfinden könnte. So völlig ist sie sich ihres Daseins als Bühnenfigur unbewußt, das heißt des Lebens, das sie, genau festgelegt und in jedem Augenblick, in jeder Geste und in jedem Wort bestimmt, erhalten kann.
Sie kommt mit den anderen Personen auf die Bühne, ohne jedoch zu verstehen, was die anderen mit ihr vorhaben. Offenbar denkt sie, daß die Begierde, lebendig zu sein, von der ihr Mann und die Tochter besessen sind und weswegen ja auch sie auf einer Bühne steht, nichts anderes sei als eine der üblichen unverständlichen Überspanntheiten jenes gepeinigten Mannes und Peinigers und - entsetzlich, entsetzlich - ein neuer, gemeiner Einfall ihrer armen, auf Abwege geratenen Tochter. Sie ist völlig passiv. Die Ereignisse ihres Lebens und die Bedeutung, die diese in ihren Augen angenommen haben, selbst ihr Charakter, das sind alles Dinge, von denen die anderen reden. Sie widerspricht nur ein einziges Mal, weil der mütterliche Instinkt erwacht und revoltiert, um klarzustellen, daß sie weder den Sohn noch den Mann im Stich lassen will; denn ihr sei ja der Sohn fortgenommen worden und ihr Mann hätte sie gezwungen, wegzugehen. Sie stellt nur Tatsachen richtig: sonst weiß sie und versteht sie nichts.
Sie ist eben Natur. Eine Natur, die in der Gestalt der Mutter festgelegt ist.
Diese Gestalt hat mir eine Befriedigung ganz neuer Art gegeben, die nicht verschwiegen werden darf. Fast alle meine Kritiker haben, anstatt sie, wie üblich, für »unmenschlich« zu erklären - was der eigentümliche und unkorrigierbare Charakter aller meiner Geschöpfe zu sein scheint -, die Güte gehabt, »mit wahrem Wohl
gefallen« zu bemerken, daß aus meiner Phantasie endlich einmal eine sehr menschliche Gestalt hervorgegangen sei. Das Lob erkläre icb mir auf folgende Weise: da meine arme Mutter völlig an ihr natürliches Verhalten als Mutter gefesselt ist ohne die Möglichkeit freier, geistiger Bewegung, das heißt, beinahe wie ein Klumpen Fleisch, in vollendeter Weise lebendig in allen seinen Funktionen, wie gebären, säugen, Kinder pflegen und lieben, und daher nicht das geringste Bedürfnis hat, das Gehirn in Tätigkeit zu setzen, verwirklicht sie den wahren und perfekten »menschlichen Typ«. Sicher ist es so, denn nichts scheint in einem menschlichen Organismus überflüssiger zJl sein als der Geist.
Aber die Kritik hat sich mit ihrem Lob nur die Mutter vom Halse schaffen wollen, ohne sich darum zu kümmern, in den Kern der poetischen Bedeutung einzudringen, die die Gestalt in dem Stück hat. Eine sehr menschliche Gestalt, ja, denn sie ist ohne Geist, das heißt, ihr ist nicht bewußt, was sie ist, oder sie kümmert sich nicht darum. Aber die Tatsache, nicht zu wissen, daß sie eine Bühnengestalt ist, befreit sie nicht davon, eine zu sein. Das ist ihr Drama in meinem Stück. Und sein lebendigster Ausdruck ist jener Aufschrei, als der Direktor sie darauf aufmerksam macht, daß ja alles schon längst vorbei sei und daher nicht mehr Anlaß zu neuen Tränen geben könne: - »Nein, es geschieht jetzt, es geschieht immer. Meine Verzweiflung ist nicht gespielt, Herr Direktor! Ich bin lebendig und gegenwärtig, immer, in jedem Augenblick meines Elends, das sich unaufhörlich erneuert und immer da ist.« Das fühlt sie unbewußt und daher wie etwas Unerklärbares: Aber sie empfindet es mit so großem Entsetzen, daß ihr nicht einmal der Gedanke kommt, sie könne es sich selbst oder den anderen erklären. Sie empfindet so. Basta. Sie fühlt es schmerzlich, und dieser Schmerz schreit unmittelbar. So spiegelt sich auch in ihr das Gefesseltsein ihres Lebens an eine Form, das, auf andere Weise, dem Vater und der Stieftochter Qualen bereitet. Diese - Geist; sie Natur: Der Geist revoltiert oder versucht, so gut er kann, daraus zu profitieren. Die Natur, wenn sie nicht von den Sinnen gereizt ist, weint.
Der immanente Konflikt zwischen der lebendigen Bewegung und der Form ist nicht nur die unerläßliche Voraussetzung der geistigen Ordnung, sondern auch der natürlichen. Das Leben, das sich, um zu sein, in unserer körperlichen Form festgelegt hat, tötet allmählich seine Form. Die Tränen dieser fixierten Natur sind das unwiderrufliche, unaufhörliche Altern unseres Körpers. Das Weinen der Mutter ist genau so passiv und ewig. Gezeigt durch drei Gesichter, verdeutlicht in drei verschiedenen und gleichzeitigen Dramen, findet so dieser immanente Konflikt in dem Stück seinen vollendeten Ausdruck. Und noch mehr. Die Mutter erklärt auch in jenem Ausbruch gegenüber dem Direktor die besondere Bedeutung der künstlerischen Form: es ist eine Form, die ihr Leben nicht versteht und nicht tötet und die vom Leben nicht verbraucht wird. Wenn der Vater. und die Stieftochter hunderttausend mal hintereinander ihre Szene wiederanfangen würden, immer an der gleichen Stelle, in dem Augenblick, in dem das Leben des Kunstwerks in diesem Schrei ausgedrückt werden muß, immer wieder würde er ertönen: unverändert und unveränderbar in seiner Form, aber nicht wie eine mechanische Wiederholung, nicht wie eine un
umgängliche Wiederkehr aus äußerer Notwendigkeit, sondern jedesmal lebendig wie neu, unerwartet so entstanden, für immer lebendig einbalsamiert in seiner unverweslichen Form. So wie wir stets beim Aufschlagen des Buches Francesca lebendig finden werden, wenn sie Dante ihr Vergehen beichtet. Und wenn wir hunderttausendmal nacheinander ihre Worte wiederholen, niemals mechanisch, sie wird sie jedesmal zum ersten Male sagen, mit so lebendiger und unerwarteter Leidenschaftlichkeit, daß Dante jedesmal davon wie betäubt sein wird. Alles, was lebt, hat Form, weil es lebt, und eben deshalb muß es sterben; mit Ausnahme des Kunstwerks, das immer lebendig bleibt, sofern es Form ist.
Die Geburt eines Geschöpfes der menschlichen Phantasie - Geburt als Schritt über die Schwelle zwischen dem Nichts und der Ewigkeit - kann sich auch plötzlich ereignen, wenn eine Notwendigkeit sie erzwingt. Braucht man in einem Drama, das man entwirft, eine Person, die etwas Bestimmtes, Notwendiges tun oder sagen soll: schon ist sie geboren, und es ist genau die, die es sein sollte. So entsteht Madame Pace bei den sechs Personen, und es erscheint wie ein Wunder, vielmehr wie ein Trick auf der realistisch dargestellten Bühne. Aber es ist kein Trick. Die Geburt ist wirklich, die neue Gestalt ist lebendig, nicht weil sie schon lebendig war, sondern weil sie glücklich entstanden ist, genau so wie es ihrer Natur als Person entspricht - »zwangsweise«. Es ist also ein Bruch entstanden, ein plötzlicher Wechsel der Wirklichkeitsebene der Szene, weil eine Gestalt auf diese Weise nur in der Phantasie des Dichters ent
stehen kann, sicher nicht auf den Brettern einer Bühne. Ohne daßes jemand bemerkt hat, habe ich plötzlich die Szene gewechselt: ich habe sie in diesem Augenblick wieder in meine Phantasie aufgenommen, doch nicht den Zuschauern heimlich weggenommen. Ich habe ihnen auf der Bühne meine Phantasie im Augenblick des Schaffens vorgeführt, mit Hilfe der Bühne selbst. Der plötzliche und
unkontrollierbare Wechsel einer Erscheinung von einer Ebene der Wirklichkeit auf eine andere zählt zu den Wundern der Art, wie sie ein Heiliger zustande bringt, der seine Statue sich bewegen läßt, so daß sie in diesem Augenblick sicher nicht mehr aus Holz oder aus Stein ist. Aber es ist kein willkürliches Wunder. Diese Bühne existiert nicht durch sich selbst wie etwas Festes und Unveränderliches, schon weil sie die phantastische Wirklichkeit der sechs Personen aufnimmt, so wie nichts Absichtliches und Vorgefaßtes in diesem Stück existiert: alles wird gemacht, alles bewegt sich, alles ist improvisierter Versuch. Auch die Wirklichkeitsebene des Ortes, in der sich dieses formlose Leben, das sich nach seiner Form sehnt, ändert und wieder verändert, verschiebt sich dadurch organisch. Als ich den Einfall hatte, Madame Pace im Augenblick auf jener Bühne entstehen .zu lassen, fühlte ich, daß ich es tun konnte, und ich tat es. Wenn mir aufgefallen wäre, daß diese Geburt mir alles durcheinandergebracht . und die Wirklichkeitsebene der Szene plötzlich stillschweigend und von mir fast unbemerkt verschoben hätte, dann hätte ich, erschrocken über die scheinbare Unlogik, sicher darauf verzichtet. Und ich hätte der Schönheit des Werkes böse geschadet. Davor hat mich das fieberhafte Arbeiten meines Geistes bewahrt, denn entgegen einem trügerischen, logischen Anschein wird diese phantastische Geburt durch eine wirkliche Notwendigkeit in geheimnisvoüe organische Beziehung zu dem ganzen Leben des Werkes gesetzt.
Wenn mir nun jemand sagt, das Werk verliere an Bedeutung, weil sein Ausdruck nicht ausgeglichen, sondern chaotisch, weil es überromantisch sei, dann kann ich nur lächeln.
Ich verstehe, warum man diesen Einwand gegen mich erhoben hat. Weil in meinem Stück die Darstellung des Dramas, in das die sechs Personen verwickelt sind, chaotisch erscheint und nie geordnet weitergeht: es gibt keine logische Entwicklung, es gibt keinen Zusammenhang der Geschehnisse. Das stimmt genau. Ich hätte »das Drama, in das die sechs Personen verwickelt sind« gar nicht verwirrter, überspannter, willkürlicher und komplizierter, das heißt also romantischer darstellen können, auch wenn ich's gewollt hätte. Das ist sehr wahr, aber ich habe nicht jenes Drama gezeigt, sondern ein anderes - und ich brauche nicht zu wiederholen, welches I -, in dem, unter anderen schönen Dingen, die jeder nach seinem Ge
schmack dort finden kann, gerade eine diskrete Satire auf die romantischen Vorgänge enthalten ist. In diesen meinen Personen, die so eifrig dabei sind, sich gegenseitig zu übertrumpfen, in den Rollen, die jeder von ihnen in einem bestimmten Drama hat, stelle ich sie als Figuren eines anderen Stückes vor, was sie nicht wissen und nicht vermuten, so daß ihre leidenschaftliche Erregung, gerade bei den romantischen Szenen, als humoristischer Akzent ins Leere gesetzt ist. Und das Drama der Personen, nicht so dargestellt, wie es sich in meiner Phantasie gestaltet hätte, wenn es dort angenommen worden wäre, sondern so, als abgelehntes Drama, konnte in meinem Werk nur als »Situation« bestehen, in irgendeinem Entwicklungsstadium, und es konnte nur durch Andeutungen herauskommen,
ungezügelt und regellos, in heftigen Verkürzungen, chaotisch:
unaufhörlich unterbrochen, ausschweifend, voller Widersprüche und sogar von einer seiner Personen negiert, von zwei anderen nicht einmal erlebt.
Es ist tatsächlich eine Person unter ihnen (nämlich diejenige, die das Drama negiert, das sie zur Person macht, der Snhn), die fast gar nicht als Gestalt erscheint und die ihre Bedeutung und ihren Wert als Gestalt nicht aus dem »Stück, das gemacht werden soll« erhält, sondern aus.dem, was ich daraus gemacht habe. Er ist sogar der einzige, der nur als »Person, die den Autor sucht« lebt, aber der Autor, den er sucht, ist kein dramatischer Autor. Auch das konnte nicht anders sein. Das Verhalten der Person ist in meiner Konzeption ebenso organisch, wie es logisch ist, daß sie in der Situation größere Konfusion und Verwirrung anrichtet und einen weiteren Grund für romantische Gegensätze liefert.
Aber gerade dieses organische und natürliche Chaos mußte ich darstellen. Und ein Chaos darstellen bedeutet wirklich nicht, chaotisch darstellen, also romantisch. Und daß meine Darstellung alles andere als konfus ist, sondern im Gegenteil sehr verständlich, einfach und geordnet, das beweist die Tatsache, daß in den Augen des Publikums der ganzen Welt die Handlung, die Charaktere, die phantastischen und wirklichen, dramatischen und komischen Stellen völlig klar sind und daß für den, der schärfer blickt, die außergewöhnlichen Werte, die darin enthalten sind. ans Licht treten.
Groß ist die Verwirrung der Sprachen bei den ~ [enschen, wenn derartige Kritik noch Worte findet, um sich auszudrücken. Die Verwirrung ist ebenso groß, wie das innere Gesetz der Ordnung vollkommen ist, das ich in allem befolgt habe und das mein Werk klassisch und typisch macht und jedes Wort bei seinem tragischen Ende verbietet. Wenn dann vor allen, denen es nun bewußt ist, daß man sich durch List kein Leben verschafft, und daß das Drama der Sechs Personen, dem der Autor fehlt, der ihm den Geist einhaucht, nicht aufgeführt werden kann, weil der Direktor drängt und vulgär neugierig ist zu erfahren, wie sich alles zugetragen hat - wenn dann vom Sohn dieses Geschehen in die Erinnerung zurückgerufen wird, in der sachlichen Aufeinanderfolge seiner Momente, ohne irgendein Gefühl und daher auch ohne daß es dazu der menschlichen Stimme bedarf - dann bricht alles zusammen, brutal, zwecklos, mit dem Knall einer mechanischen Waffe auf der Bühne, und zerstört und vernichtet den fruchtlosen Versuch der Personen und der Schauspieler, der offensichtlich nicht vom Dichter unterstützt wird.
Dr Dichter war inzwischcen, als ob er während der ganzen zeit ihrem Versuch von weitem zugeschaut hätte, ohne ihr Wissen damit beschäftigt, daraus sein werk zu schaffen.
Luigi Pirandello