Der eingebildete Doktor

Satire von Hans Weigel
ID# 255-10
Verlag Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co. Ges.m.b.H.
A-1010 Wien, Am Gestade 5/2
Akte 0
Dekorationen 1
Männer
Frauen
Kinder
Personen 7
Nicht nur Krankheiten können eingebildet sein, wie es uns Moliere in seinem Stück "Der eingebildete Kranke" beschreibt, sondern auch Doktoren, diese aber in ganz eigener Art. Bei Hans Weigel wird ein Versicherungsmanager mit einem Therapeuten verwechselt, der sich bereitwillig weiterhin als Arzt ausgibt. Obwohl Scharlatan, kuriert er doch mit kuriosen Methoden so manche gequälte Kreatur, einen eingebildeten Arzt und zuletzt sogar sich selbst.
Vom Titel angefangen, wird die Welt der Schulmedizin auf den Kopf gestellt. Und aus der umgekehrten Sicht sollen wir an unseren verfestigten Vorstellungen von dem, was "normal" ist, zweifeln, nicht aus Nörgelei, sondern um lebendig und wach zu bleiben und um den Blick für Veränderungen offen zu halten. Das Stück ist ein gutes Beispiel, an dem sich die Wirkungsmechanismen des Komi- schen erklären lassen. Nichts ist vom wahrhaft Komischen so weit entfernt wie das "Gauditheater" volkstümelnder Lustspiele. Zum Beispiel Motieres klassische Charakterkomödie
"Der eingebildete Kranke" hat immer wieder zu Veränderungen und Anpassungen des Themas an eine neue Zeit geführt, deren Witz im Bekanntheitsgrad des Originals besteht. "Farcen" und "Travestien" nehmen sich häufig solche Vorbilder und beziehen ihren Effekt aus dem Unterschied, dem Kontrast zum Original, so wie jede komische Wirkung aus einem Kontrasterlebnis besteht. Einer gibt sich anders, als er ist, ein anderer lebt in einer Illusion, die seiner Wirk- lichkeit erkennbar widerspricht. Immer lachen wir aus der Erkenntnis von solchen Widersprüchen, daß sich jemand etwas vormacht und wir begreifen-. er macht sich das Leben schwerer, als es ist. Und wir zittern mit einer solchen Figur und warten bis zum Ende, ob sie sich nicht vielleicht doch auch selbst durchschauen lernt. Und wenn die bittere Komödie diesen Jemand in seiner Täuschung verhaftet sein läßt, so ist doch hinter dieser Bitterkeit die Erkennt-
nis des Zuschauers eine fröhlichen. Der Mensch ist veränderungsfähig. In dieser Art verlassen wir das Theater befreit und erleichtert, während wir über schlechte Lustspiele zwar lachen mögen und uns auf die Schenkel klopfen, doch wenn "wir uns dabei auch abhauen", so bleibt doch bei allen möglichen Arten des gliieklichen Endes, das die "Welt wieder in Ordnung" zeigt, ein schales Gefühl zurück. Der Ursprungszustand wird dabei wieder hergestellt. Es hat sich nichts verändert, und wir werden auch nicht dazu aufgefordert, unsere eigene Täuschung in Frage zu stellen. "Gauditheater" und "ländliches Lustspiel" sind moralisch fragwürdig, wenn sie sich nur zum Schein auf das Chaos der Gefühle, auf Verirrungen und Verwirrungen einlassen und am Ende mit dem Happy-End jeden Ausbruch aus der Ordnung mit dem Stempel der Lächerlichkeit versehen.